
Heute stehen wir hier zusammen, um an Mehmet Kubaşık zu erinnern. An einen Menschen, dessen Tod uns alle bis heute berührt -
nicht nur, weil er als Vater, Ehemann, Freund und Sohn zu früh aus dem Leben genommen wurde, sondern weil sein Tod Zeugnis für eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte seit der deutsch-deutschen Wiedervereinigung ist.
Am 4. April 2006, vor genau 19 Jahren, wurde Mehmet Kubaşık hier in Dortmund von der rechtsextremen Terrorgruppe NSU ermordet. Sein Name ist Teil einer schmerzhaften Geschichte, die seine Familie und Freunde, aber gleichermaßen auch uns alle betrifft.
Sein Tod steht für das Versagen.
Für das Versagen von Sicherheitsbehörden, die zu lange nicht in Richtung rassistischer Motive ermitteln wollten, geleitet von einem institutionellen Rassismus, der auch nach der Selbstenttarnung des NSUs eine adäquate Ermittlungsarbeit verunmöglichte.
Es steht aber auch für das Versagen einer Zivilgesellschaft, die zu Lange der institutionellen Deutung vertraut, zu wenig den Betroffenen der NSU-Serie zugehört und zu sehr das gesellschaftliche Klima ignoriert hat, das die Keimzelle für die Machenschaften des NSU bildete. Unter dem Motto “Kein 10. Opfer” forderten die Familien Kubaşık und Yozgat nicht nur die Sicherheitsbehörden, sondern uns alle auf, genauer hinzuschauen und Solidarität zu zeigen. - noch weit vor der Selbstenttarnung des NSU.
Insofern kann Mehmet Kubaşıks Tod uns nur mahnen, wachsam zu bleiben, für eine gerechtere Gesellschaft einzutreten, marginalisierteren Stimmen zuzuhören und unsere Stimmen dort zu erheben, wo wir Rassismus und rechte Gewalt sehen.
Gerade heute, in einer Zeit, in der rechte Ideologien wieder erstarken und Hetze und Hass lauter wird, ist es unsere Aufgabe, nicht zu leise zu sein.
Wir sehen, dass rassistische Gewalt kein Relikt der Vergangenheit ist – die Anschläge in Hanau, Halle, die immer häufiger werdenden Angriffe auf Migrantinnen und Migranten sind ein alarmierendes Zeichen. Die Geschichte von Mehmet Kubaşık erinnert uns daran, dass die Gefahr nicht vorbei ist, dass wir uns aktiv für eine Gesellschaft einsetzen müssen, die auf Respekt, Vielfalt und Menschlichkeit basiert.
Doch dieser Kampf kann nicht allein geführt werden. Unsere Antwort auf Hass muss Solidarität sein. Solidarität mit Angehörigen und Betroffenen, die auch Jahre nach den Taten um Anerkennung und Gerechtigkeit kämpfen. Solidarität mit all jenen, die aufgrund ihres Namens, ihrer Herkunft oder ihrer Religion diskriminiert werden. Und Solidarität untereinander, denn nur gemeinsam können wir verhindern, dass sich solche Verbrechen wiederholen.
Wir stehen an eurer Seite, liebe Familie.
Wir denken heute an euch, an eure unermessliche Trauer und euren unermüdlichen Kampf um Gerechtigkeit.
Und wir sagen: Mehmet Kubaşık, wir werden nicht aufhören, uns an dich zu erinnern.
Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides und Halit Yozgat.
Denn Erinnerung ist nicht nur ein Akt des Gedenkens, sondern auch eine Verpflichtung. Eine Verpflichtung, für eine Zukunft zu kämpfen, in der solche Taten nie wieder geschehen.